Wissen um Heilpflanzen aus Mexiko

Die Hochkulturen der Maya und Azteken haben nicht nur beeindruckende Leistungen in den Bereichen Technik, Kunst und Wissenschaft vollbracht, sie hatten auch ein weit entwickeltes […]

Die Hochkulturen der Maya und Azteken haben nicht nur beeindruckende Leistungen in den Bereichen Technik, Kunst und Wissenschaft vollbracht, sie hatten auch ein weit entwickeltes Wissen über die Heilkräfte, die in Pflanzen stecken. Leider gibt es heute keine schriftlichen Aufzeichnungen mehr, die von den Ureinwohnern Mittelamerikas selbst stammen. Dafür haben Gelehrte und Missionare, die aus Europa kamen, aufgeschrieben, was ihnen in Sachen Naturheilkunde etwa in Mexiko begegnete. Natürlich sind diese Quellen vom europäischen Standpunkt beeinflusst, doch immerhin zeigen sie uns ein wenig von der Vielfalt der Phytotherapie der Maya und Azteken.

Dabei sind es vor allem drei Werke, von denen wir heute profitieren können. Eines davon stammt vom Bernardino de Sahagún, einem Franziskaner. Er verfasste Mitte des 16. Jahrhunderts ein Buch, dass sich mit zahlreichen Themen rund um das Vizekönigreich Neuspanien beschäftigt – unter anderem auch mit Krankheiten und dagegen angewendeten Heilmitteln der Azteken. Fast 200 Arzneipflanzen inklusive ihren Wirkungen beschreibt Martín de la Cruz, ein Arzt der Azteken, ebenfalls Mitte des 16. Jahrhunderts. Sein Buch wurde ins Lateinische übertragen und erhielt so den Titel „Libellus de medicinalibus Indorum herbis“. Etwas später konzentrierte sich der Arzt Francisco Hernández aus Spanien auf die medizinisch verwendeten Pflanzen in Mexiko. Von seinen schriftlichen Darstellungen sind allerdings nur Bruchteile erhalten. Sie erschienen Mitte des 17. Jahrhunderts auf Latein. Weitere Informationen liefern spezielle Handschriften der Maya, die allerdings aus der Zeit nach der Kolonialisierung stammen.

Welche Pflanzen aber nutzten die indigenen Völker? Zum Beispiel Epazotl, das Mexikanische Traubenkraut. Es wurde eingesetzt bei Asthma, bei Infektionen mit Würmern, bei Vergiftungen, bei Atemwegsproblemen oder auch als Geburtshilfe. Das Kraut schaffte es dank der Jesuiten auch nach Europa, die es in Gärten für Heilpflanzen kultivierten. Im Volksmund wurde Tee aus dem Mexikanischen Traubenkraut daher auch als Jesuitentee bezeichnet. Bei uns hat die Pflanze kaum noch Bedeutung, in ihrer Heimat dagegen schon. Das gilt auch für den Stechapfel, einst Tlápatl getauft. Er wurde und wird zum einen zur medizinischen Behandlung verwendet, zum anderen als Droge für rituelle Handlungen. Die Bandbreite der Einsatzgebiete ist groß und reicht von Fieber über Probleme mit den Ohren bis hin zu Verletzungen. Da Stechapfel zu Rauschzuständen führen kann, durfte und darf er natürlich nur in geringen Mengen verwendet werden. In Europa nutze man ihn etwa zur Betäubung oder bei Rheuma. Aus den Blättern des Stechapfels gedrehte Zigaretten sollen bei Asthma, Hämorrhoiden und anderem mehr helfen.

Sehr lang ist auch die Liste der körperlichen Beschwerden, gegen die man mit Paprika-Arten vorging. Hier konnte offenbar auf Erfahrungen aufgebaut werden, die mehrere Jahrtausende zurückreichen, wie Archäologen zeigten. Bei den Azteken wurde Paprika zur Entwässerung, gegen Magenbeschwerden, zur Anregung der Monatsblutung der Frauen oder zur Förderung der Libido eingesetzt. Mit Chilis bekämpften die Maya zum Beispiel Erkältungen oder Entzündungen des Zahnfleisches. Auch Chilis gelangten in die Alte Welt, wo sie als „Indianischer Pfeffer“ bezeichnet und ihnen vor allem positive Wirkungen aufs Verdauungssystem zugeschrieben wurden. Inzwischen haben Wissenschaftler erkannt, dass manche Chili-Arten wegen der Stoffe, die ihnen die Schärfe verleihen, etwa bei Rheuma, Neuralgien oder verspannten Muskeln Sinn machen.

 

Auch andere Pflanzen, die schon die Azteken und Maya kannten und die wir heute wie Paprika eher als Nahrungsmittel schätzen, haben gleichzeitig eine heilende Wirkung. Etwa Kürbis, mit dessen Saft Entzündungen behandelt wurden und der zu Salben verarbeitet wurde, die Verbrennungen lindern sollten. Immer noch nutzen Mexikanerinnen und Mexikaner Kürbis bei Leiden der Harnblase oder der Nieren sowie Infektionen mit Würmern. Bei uns werden Samen des Gartenkürbis gegen die Reizblase empfohlen. Kakaobohnen wiederum bilden die Basis für Schokolade, aber sie waren einst auch Medizin: gegen Atemwegsbeschwerden, Blasenleiden, Magenprobleme, Fieber sowie Erschöpfung. In Europa werden Kakaobutter und die Schalen der Kakaobohne immer noch pharmazeutisch verwendet. Auch Vanille, Tlilxochitl, war nicht nur wegen des Wohlgeschmacks zum Würzen begehrt. Als Arzneipflanze wurde sie gegen Blähungen, für die Entwässerung und zur Unterstützung der Monatsblutung verwendet.

Selbst Tabak wurde in Europa einmal als Heilmittel gesehen, ebenso verschiedene Harze aus Mexiko. Andere Pflanzen, welche die Azteken wegen ihrer medizinischen Potenz schätzten, wurden in Europa niemals bekannt. Heute aber wird man zunehmend aufmerksam auf das, was hier noch an Geheimnissen zu entdecken ist. Wie auch in Bezug auf andere Weltregionen und indigenen Völker entdecken westliche Wissenschaftler mehr und mehr, dass traditionelles Wissen um Heilpflanzen auch für uns wertvoll sein kann.

 

Quellen

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/inhalt-51-2002/pharm1-51-2002/

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